altstadt celle

leben in der mitte
celle

Wettbewerbstädtebaulicher wettbewerb - anerkennung
Planungszeitraum05|2011 - 08|2011
BauherrStadt Celle
LeistungenWettbewerbsbeitrag
UmfangStädtebauliches Entwicklungskonzept Altstadt
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vergegenwärtigt man sich einmal die größe der alten  stadtmitte  von celle -  500 m x 550 m - und legt die signatur vergleichend auf strukturen - bzw. karten historischer stadtkerne wie lindau, rothenburg o.d. tauber, carcassonne oder hannover - die bekannt, vielleicht besser noch vertraut sind, stellt man dabei vor allem fest, dass jetzige strukturen einer stadt vergangenen gegenübergestellt, oft "völlig" neue dimensionen beschreiben. seit der entfestigung der stadt führt dies allzu häufig zu einem beklagenswerten verlust an  komplexität  der mitteilsamkeit des gesamtgefüges - im großen wie im kleinen. auf den verschiedenen maßstabsebenen ist nicht mehr annähernd das zu finden, was mit  unverwechselbarkeit , mit  charakter  zu tun hat.
besonders anschaulich und eindrucksvoll wird dies in perspektiven und stadtsilhouetten von karl gruber - die deutsche stadt - deutlich, die eine befestigte und damit gleichsam gefestigte stadt in der zeit von 1250 - bis 1750, also über einen zeitraum von 500 jahren! aufzeigen.
zum thema stadtbefestigung sei angemerkt, dass die befestigung von ihrem bauvolumen her gesehen die größte kollektiv durchgeführte einzelbauaufgabe der mittelalterlichen stadt überhaupt war.
die mitte celles bietet - heute wie morgen - eine für den bewohner und besucher leicht erkennbare möglichkeit zur identifikation mit dem ort, wenn gewährleistet werden kann, dass sich die kleinteiligkeit der inneren und äußeren struktur entsprechen. eine identifikation, sprich eine emotionale besetzung mit den neuen stadtbausteinen kann sich dort einstellen, wo ein städtischer raum wohnungen und häuser klar zueinander in beziehung setzt und den bewohnern ausdrucksraum gibt. damit entsteht jener "bewußtseinsmäßige verbindungsraum, in dem sich die lockeren, signifikativen beziehungsformen, die heute lokale identität tragen, am ehesten ergeben und baulich symbolisch gefaßt werden". das bedeutet, dass diese räume im zusammenhang optisch begreifbar, im begehen - nahwirkung - und befahren - fernwirkung - erfassbar und die möglichkeit bieten sollten, im gedächtnis als ein baulich - räumlicher zusammenhang mit relativ klarer form haften zu bleiben. das heißt, die verinnerlichten uralten strukturen des städtebaus - "..... das älteste an celle sind die grundstücksgrenzen " - weniger die solitär - architekturen sind hier gefragt.
ausschlaggebend ist also die städtebaulich - räumliche qualität in erlebbarer bewegungs- und blickdimension, das "zurückschrauben" der architekturelemente auf ein menschliches maß unter zuhilfenahme einer räumlich wie baulich hochwertigen verdichtung innerhalb der bestehenden substanz unter berücksichtigung vorhandener wie zu schaffender querbezüge in angrenzende quartiere und freiräume.
denn eine gute vorstellung von der umgebung verleiht den menschen ein ausgeprägtes bewußtsein gefühlsmäßiger sicherheit. sie sind in der lage, eine harmonische verbindung zwischen sich und der außenwelt herzustellen.
die gegenteilige empfindung ist die angst, die einen überfällt wenn man sich verirrt. allein das wort "verirren" bedeutet in unserer sprache mehr als nur geografische unsicherheit - "in ihm schwingen obertöne, die absolutes entsetzen ausdrücken. daraus geht hervor, dass das wohlige heimat-gefühl dann am stärksten ist, wenn heimat nicht nur vertrautes, sondern auch etwas charakteristisches ist. in der tat bietet ein charakteristisches und leicht ablesbares milieu nicht nur sicherheit, es vertieft und intensiviert darüber hinaus das menschliche erleben."
die suche nach sinnvollen stadtbautypen muß sich orientieren an der entsprechung von gebautem, materiellem raum einerseits und verhaltensraum andererseits. "ein haus wie eine stadt - eine stadt wie ein haus" , aldo van eyck, das heißt, es gilt straßen und plätze als öffentliche innenräume zu gestalten.

"architektur ist und bleibt ein produktionsversuch menschlicher heimat - vom gesetzten wohnzweck bis zur erscheinung einer schöneren welt in proportion und ornament." ernst bloch